HBOT Post-Covid 2024

Mechanismen der Endothelaktivierung, Hyperkoagulation und Thrombose bei COVID-19

Originaltitel: Mechanisms of endothelial activation, hypercoagulation and thrombosis in COVID-19: a link with diabetes mellitus

Autoren

Valencia I, Lumpuy-Castillo J, Magalhaes G, Sánchez-Ferrer CF, Lorenzo O, Peiró C

Journal

Cardiovascular Diabetology

DOI

10.1186/s12933-023-02097-8

Zusammenfassung

Umfassendes Review zu den Mechanismen der Gerinnungsstörungen bei COVID-19. Bis zu 95% der Patienten zeigen Koagulationsauffälligkeiten. Zentrale Rolle der Endotheldysfunktion mit erhöhtem vWF, PAI-1 und gestörter Fibrinolyse. Besondere Relevanz für Diabetiker durch kumulative Gefäßschädigung.


Übersicht

Dieses aktuelle Review aus 2024 fasst die Mechanismen zusammen, durch die SARS-CoV-2 zu Endothelschädigung, Hyperkoagulation und Thrombose führt, mit besonderem Fokus auf die Verbindung zu Diabetes mellitus.

Epidemiologie der Gerinnungsstörungen

Häufigkeit

  • Bis zu 95% der COVID-19-Patienten zeigen Gerinnungsauffälligkeiten
  • 30% haben 2 Jahre nach Infektion noch Post-COVID-Symptome
  • Thromboembolische Komplikationen sind Haupttodesursache bei schweren Verläufen

Typische Laborbefunde

ParameterVeränderung
D-Dimere↑↑ Erhöht
Prothrombinzeit↑ Verlängert
Thrombozyten↓ Erniedrigt
Fibrinogen↑ Erhöht
vWF↑↑ Stark erhöht

Pathophysiologie

1. Direkte Endothelschädigung

SARS-CoV-2 infiziert Endothelzellen über ACE2-Rezeptoren:

Virus bindet an ACE2 auf Endothelzellen

Endothelinfektion und -aktivierung

Endothelitis (Gefäßentzündung)

Dysfunktion der Gefäßinnenwand

Prokoagulanter Zustand

2. Zytokin-Sturm

Die überschießende Immunantwort verstärkt die Gerinnung:

  • IL-6, IL-1, TNF-α aktivieren Gerinnung
  • Aktivierung von Neutrophilen → NETs (Neutrophil Extracellular Traps)
  • NETs fördern Thrombusbildung
  • Monozyten exprimieren Tissue Factor

3. Gestörte Fibrinolyse

Neben verstärkter Gerinnung ist auch der Abbau beeinträchtigt:

  • PAI-1 erhöht → Plasminogen-Aktivierung gehemmt
  • Alpha-2-Antiplasmin erhöht → Plasmin inaktiviert
  • Resultat: Hypofibrinolyse

Schlüsselmoleküle

Von-Willebrand-Faktor (vWF)

  • Marker für Endothelschädigung
  • Vermittelt Plättchenadhäsion
  • Bei COVID-19 massiv erhöht
  • Korreliert mit Krankheitsschwere

Plasminogen-Aktivator-Inhibitor 1 (PAI-1)

  • Hemmt die Fibrinolyse
  • Bei COVID-19 stark erhöht
  • Verhindert Auflösung von Gerinnseln

Tissue Factor (TF)

  • Initiiert extrinsische Gerinnung
  • Auf aktivierten Monozyten exprimiert
  • Schlüsselrolle bei COVID-assoziierter Thrombose

Verbindung zu Diabetes mellitus

Kumulative Schädigung

Diabetiker haben bereits vorbestehende:

  • Endotheldysfunktion
  • Chronische niedriggradige Entzündung
  • Erhöhte Gerinnungsneigung

COVID-19 addiert sich zu diesen Schäden → synergistische Gefährdung

Erhöhtes Risiko

  • Schwerere COVID-19-Verläufe bei Diabetikern
  • Höhere Thromboserate
  • Längere Post-COVID-Symptomatik

Klinische Manifestationen

Akut

  • Tiefe Venenthrombose (TVT)
  • Lungenembolie
  • Mikrovaskuläre Thrombosen
  • Schlaganfall, Herzinfarkt

Post-COVID

  • Persistierende Endotheldysfunktion
  • Anhaltende Hyperkoagulabilität
  • Mikrozirkulationsstörungen
  • Fatigue, Belastungsintoleranz

Therapeutische Strategien

Prophylaktische Antikoagulation

  • Bei hospitalisierten COVID-19-Patienten empfohlen
  • Niedermolekulares Heparin oder DOAKs
  • Verbessert Überleben ohne erhöhtes Blutungsrisiko

Gezielte Therapien (experimentell)

  • Anti-Thrombin-Antikörper
  • Komplement-Inhibitoren
  • Anti-IL-6-Therapie (Tocilizumab)
  • Kallikrein-Kinin-System-Blocker

Endothelprotektion

  • Statine (pleiotrope Effekte)
  • ACE-Hemmer/ARBs
  • Antioxidantien

Relevanz für HBOT

Hyperbare Sauerstofftherapie bei Endotheldysfunktion:

  1. Verbessert Oxygenierung trotz Mikrozirkulationsstörung
  2. Moduliert Entzündung und oxidativen Stress
  3. Fördert Neoangiogenese (Bildung neuer Gefäße)
  4. Unterstützt Endothelregeneration

Schlussfolgerung

Diese Arbeit unterstreicht die zentrale Rolle der Endotheldysfunktion bei COVID-19-assoziierten Gerinnungsstörungen und die besondere Gefährdung von Diabetikern. Das Verständnis dieser Mechanismen ist essentiell für die Entwicklung gezielter Therapien.

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