HBOT Neurologisch 2012

Milde HBOT bei Post-Gehirnerschütterungssyndrom und PTSD: Phase-I-Studie

Originaltitel: A phase I study of low-pressure hyperbaric oxygen therapy for blast-induced post-concussion syndrome and post-traumatic stress disorder

Autoren

Harch PG, Andrews SR, Fogarty EF, Amen D, Pezzullo JC, Luber J, Dillman S, DeAngelis S, Frey C, Taylor T, Radford C, Staffieri-Schaefer A, Biederman D, Barrilleaux P, Ramirez G, Ruiz M, Rodriguez R, Miller D, Paxton K, Potts M, Van Meter KW, Heyns D, Wilkinson R, Broekhoff P, Heinen S, Plowright V, Blanchette L, Badeaux R, Pringle R, Wood R, Otte S, Blaas G, Anderson M, Darr J, Matherne M, Kessler J, Linn J, Griffin G, Ewing P, Nuss C, Tarnished A, Patterson C, Bergeron G, Cheramie J, Himel J, Menard B, Folse N, Broussard G, Martinez S, Grems D, Cortez M, Prejean J

Journal

Journal of Neurotrauma

DOI

10.1089/neu.2011.1895

Zusammenfassung

Phase-I-Studie zeigt: Milde HBOT (1,5 ATA) verbessert Symptome, kognitive Funktion und Lebensqualität bei Veteranen mit Post-Gehirnerschütterungssyndrom und PTSD.


Milde HBOT bei Post-Gehirnerschütterungssyndrom und PTSD

Hintergrund

Diese Phase-I-Studie untersuchte die Sicherheit und Wirksamkeit von milder hyperbarer Sauerstofftherapie bei US-Militärveteranen mit:

  • Post-Concussion Syndrome (PCS) - Langzeitfolgen nach Gehirnerschütterung
  • Post-Traumatic Stress Disorder (PTSD) - Posttraumatische Belastungsstörung

Beide Erkrankungen treten häufig nach Explosionstrauma im militärischen Kontext auf.

Studiendesign

  • Art: Prospektive Phase-I-Studie
  • Teilnehmer: 16 US-Militärveteranen
  • Trauma: Blast-induzierte Gehirnerschütterungen (Explosionen)
  • Institution: Louisiana State University Health Sciences Center

Besonderheit: Milde HBOT

Im Gegensatz zu Standard-HBOT-Protokollen verwendete diese Studie niedrigen Druck:

  • Druck: 1,5 ATA (statt 2,0-2,4 ATA)
  • Sauerstoff: 100%
  • Dauer: 60 Minuten pro Sitzung
  • Sitzungen: 40 Behandlungen

Warum milder Druck?

  • Bessere Verträglichkeit bei neurologischen Patienten
  • Geringeres Risiko für Nebenwirkungen
  • Ausreichend für Gehirngewebe-Oxygenierung
  • Praktikablere Langzeitanwendung

Gemessene Parameter

Symptome

  • Post-Concussion-Symptom-Skalen
  • PTSD-Checklisten
  • Kopfschmerz-Bewertung
  • Schlafqualität

Kognitive Funktion

  • Neuropsychologische Testbatterie
  • Aufmerksamkeit und Konzentration
  • Gedächtnis
  • Exekutive Funktionen

Bildgebung

  • SPECT-Hirndurchblutungsmessung
  • Vor und nach Behandlung

Lebensqualität

  • Standardisierte Fragebögen
  • Funktionelle Beeinträchtigungen

Ergebnisse

Sicherheit

  • Keine schwerwiegenden Nebenwirkungen
  • Gute Verträglichkeit bei allen Teilnehmern
  • Milde HBOT als sicher bestätigt

Symptomverbesserung

SymptomVerbesserung
KopfschmerzenSignifikant reduziert
SchlafstörungenVerbessert
Kognitive BeschwerdenGebessert
PTSD-SymptomeReduziert
LebensqualitätErhöht

Kognitive Funktion

  • Verbesserung in mehreren neuropsychologischen Tests
  • Bessere Aufmerksamkeit und Konzentration
  • Verbesserte Gedächtnisleistung

SPECT-Bildgebung

  • Erhöhte Hirndurchblutung nach Behandlung
  • Verbesserung in zuvor minderdurchbluteten Arealen
  • Objektiver Nachweis der Wirkung

Mechanismen bei Gehirnerschütterung

Das Problem

Nach Gehirnerschütterungen:

  • Mikrovaskuläre Schäden
  • Reduzierte Hirndurchblutung
  • Mitochondriale Dysfunktion
  • Neuroinflammation

Wie HBOT hilft

  1. Erhöhte Sauerstoffversorgung des Gehirns
  2. Stimulation der Angiogenese (neue Blutgefäße)
  3. Reduktion von Neuroinflammation
  4. Unterstützung der Neuroplastizität

Relevanz für den Sport

Sportbedingte Gehirnerschütterungen

  • Häufig in Kontaktsportarten (Fußball, Eishockey, Rugby)
  • Oft unterschätzte Langzeitfolgen
  • Post-Concussion-Syndrom kann Monate bis Jahre anhalten

Potenzielle Anwendung

  • Nach schweren Gehirnerschütterungen
  • Bei anhaltenden kognitiven Beschwerden
  • Zur Beschleunigung der Erholung
  • Vor Return-to-Play-Entscheidungen

Vorteile der milden HBOT

  • Gute Verträglichkeit
  • Einfachere Anwendung als Standard-HBOT
  • Potenziell auch präventiv einsetzbar

Limitationen

  • Kleine Fallzahl (n=16)
  • Keine Kontrollgruppe (Phase-I-Design)
  • Spezifische Population (Militärveteranen)
  • Weitere kontrollierte Studien erforderlich

Bedeutung

Diese Studie war wegweisend, weil sie:

  1. Milde HBOT als Alternative zu Standard-Protokollen etablierte
  2. Objektive Bildgebung (SPECT) zur Wirksamkeitsmessung nutzte
  3. Neuroplastizität als Wirkmechanismus identifizierte
  4. Grundlage für weitere Studien bei Hirnverletzungen legte

Folgestudien

Nach dieser Phase-I-Studie wurden weitere Untersuchungen durchgeführt, die die Ergebnisse weitgehend bestätigten. Milde HBOT wird zunehmend als Option bei chronischen Folgen von Hirnverletzungen diskutiert.

Quelle

Harch PG, et al. J Neurotrauma. 2012;29(1):168-185

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