HBOT Tinnitus 2012

Hyperbare Sauerstofftherapie bei idiopathischem plötzlichem sensorineuralem Hörverlust und Tinnitus: systematische Übersicht

Originaltitel: Hyperbaric oxygen therapy for idiopathic sudden sensorineural hearing loss and tinnitus: systematic review

Autoren

Bennett MH, Kertesz T, et al.

Journal

Cochrane Database of Systematic Reviews

DOI

10.1002/14651858.CD004739.pub4

Zusammenfassung

Systematische Übersicht zu HBOT bei plötzlichem Hörverlust und Tinnitus.


HBOT bei Hörsturz und Tinnitus

Diese Cochrane-Übersichtsarbeit untersucht die Evidenz für HBOT bei idiopathischem plötzlichem sensorineuralem Hörverlust (ISSHL) und begleitendem Tinnitus.

Hintergrund

Der idiopathische plötzliche sensorineurale Hörverlust (Hörsturz) ist ein medizinischer Notfall, bei dem Patienten innerhalb von Stunden bis Tagen einen signifikanten Hörverlust erleiden - ohne erkennbare Ursache. Etwa 30-40% der Betroffenen entwickeln zusätzlich einen Tinnitus. Die Durchblutungsstörung des Innenohrs gilt als eine der Hauptursachen.

Studiendesign

Methodik: Cochrane Systematic Review - der höchste Standard für medizinische Evidenz

Analysierte Studien: 7 randomisierte kontrollierte Studien mit insgesamt 392 Teilnehmern

Vergleich: HBOT + Standardtherapie vs. Standardtherapie allein

Qualitätsbewertung: Systematische Bewertung des Bias-Risikos aller eingeschlossenen Studien

Was wurde untersucht

Die Forscher analysierten alle verfügbaren randomisierten Studien zu folgenden Fragen:

  • Verbessert HBOT die Hörfunktion bei akutem Hörsturz?
  • Reduziert HBOT den begleitenden Tinnitus?
  • Welche Patientengruppen profitieren am meisten?
  • Wie schnell nach Symptombeginn sollte HBOT beginnen?

Ergebnisse

Hörverlust

  • Signifikante Verbesserung der Hörfunktion bei Patienten mit HBOT-Zusatztherapie
  • Besonders ausgeprägt bei schwerem Hörverlust (>60 dB)
  • Zeitfaktor entscheidend: Beste Ergebnisse bei Therapiebeginn innerhalb von 2 Wochen

Tinnitus

  • Verbesserung des begleitenden Tinnitus in mehreren Studien beobachtet
  • Effekt korreliert mit der Verbesserung der Hörfunktion

Wichtige Einschränkungen

  • Heterogenität der Studienprotokolle
  • Unterschiedliche Definitionen von “Verbesserung”
  • Begrenzte Langzeit-Nachverfolgung

Kernaussage

Die Cochrane-Analyse zeigt, dass HBOT als Zusatztherapie bei akutem Hörsturz zu einer signifikanten Verbesserung der Hörfunktion führen kann - besonders bei schwerem Hörverlust und frühem Therapiebeginn. Die Evidenz für Tinnitus-Verbesserung ist vielversprechend, aber weniger robust.

Bedeutung für Patienten

Was bedeutet das für Betroffene?

  1. Zeitkritisch: Bei Hörsturz zählt jede Stunde. Je früher HBOT beginnt, desto besser die Prognose
  2. Schwere Fälle: Besonders Patienten mit ausgeprägtem Hörverlust können von HBOT profitieren
  3. Ergänzende Therapie: HBOT ersetzt nicht die Standardbehandlung, sondern ergänzt sie
  4. Tinnitus-Hoffnung: Begleitender Tinnitus kann sich ebenfalls verbessern

Empfohlenes Vorgehen:

  • Bei Verdacht auf Hörsturz sofort HNO-Arzt aufsuchen
  • Nach Standarddiagnostik HBOT-Option besprechen
  • Therapiebeginn idealerweise innerhalb der ersten 2 Wochen

Warum HBOT bei Hörsturz wirken kann

Das Innenohr hat einen extrem hohen Sauerstoffbedarf. Die Haarzellen der Cochlea sind auf eine kontinuierliche Sauerstoffversorgung angewiesen. HBOT kann:

  • Die Sauerstoffversorgung des geschädigten Innenohrs verbessern
  • Schwellungen im Bereich der Cochlea reduzieren
  • Die Regeneration von Haarzellen unterstützen
  • Die Mikrozirkulation im Innenohr verbessern

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