Hyperbare Sauerstofftherapie bei idiopathischem plötzlichem sensorineuralem Hörverlust und Tinnitus: systematische Übersicht
Originaltitel: Hyperbaric oxygen therapy for idiopathic sudden sensorineural hearing loss and tinnitus: systematic review
Bennett MH, Kertesz T, et al.
Cochrane Database of Systematic Reviews
10.1002/14651858.CD004739.pub4
Zusammenfassung
Systematische Übersicht zu HBOT bei plötzlichem Hörverlust und Tinnitus.
HBOT bei Hörsturz und Tinnitus
Diese Cochrane-Übersichtsarbeit untersucht die Evidenz für HBOT bei idiopathischem plötzlichem sensorineuralem Hörverlust (ISSHL) und begleitendem Tinnitus.
Hintergrund
Der idiopathische plötzliche sensorineurale Hörverlust (Hörsturz) ist ein medizinischer Notfall, bei dem Patienten innerhalb von Stunden bis Tagen einen signifikanten Hörverlust erleiden - ohne erkennbare Ursache. Etwa 30-40% der Betroffenen entwickeln zusätzlich einen Tinnitus. Die Durchblutungsstörung des Innenohrs gilt als eine der Hauptursachen.
Studiendesign
Methodik: Cochrane Systematic Review - der höchste Standard für medizinische Evidenz
Analysierte Studien: 7 randomisierte kontrollierte Studien mit insgesamt 392 Teilnehmern
Vergleich: HBOT + Standardtherapie vs. Standardtherapie allein
Qualitätsbewertung: Systematische Bewertung des Bias-Risikos aller eingeschlossenen Studien
Was wurde untersucht
Die Forscher analysierten alle verfügbaren randomisierten Studien zu folgenden Fragen:
- Verbessert HBOT die Hörfunktion bei akutem Hörsturz?
- Reduziert HBOT den begleitenden Tinnitus?
- Welche Patientengruppen profitieren am meisten?
- Wie schnell nach Symptombeginn sollte HBOT beginnen?
Ergebnisse
Hörverlust
- Signifikante Verbesserung der Hörfunktion bei Patienten mit HBOT-Zusatztherapie
- Besonders ausgeprägt bei schwerem Hörverlust (>60 dB)
- Zeitfaktor entscheidend: Beste Ergebnisse bei Therapiebeginn innerhalb von 2 Wochen
Tinnitus
- Verbesserung des begleitenden Tinnitus in mehreren Studien beobachtet
- Effekt korreliert mit der Verbesserung der Hörfunktion
Wichtige Einschränkungen
- Heterogenität der Studienprotokolle
- Unterschiedliche Definitionen von “Verbesserung”
- Begrenzte Langzeit-Nachverfolgung
Kernaussage
Die Cochrane-Analyse zeigt, dass HBOT als Zusatztherapie bei akutem Hörsturz zu einer signifikanten Verbesserung der Hörfunktion führen kann - besonders bei schwerem Hörverlust und frühem Therapiebeginn. Die Evidenz für Tinnitus-Verbesserung ist vielversprechend, aber weniger robust.
Bedeutung für Patienten
Was bedeutet das für Betroffene?
- Zeitkritisch: Bei Hörsturz zählt jede Stunde. Je früher HBOT beginnt, desto besser die Prognose
- Schwere Fälle: Besonders Patienten mit ausgeprägtem Hörverlust können von HBOT profitieren
- Ergänzende Therapie: HBOT ersetzt nicht die Standardbehandlung, sondern ergänzt sie
- Tinnitus-Hoffnung: Begleitender Tinnitus kann sich ebenfalls verbessern
Empfohlenes Vorgehen:
- Bei Verdacht auf Hörsturz sofort HNO-Arzt aufsuchen
- Nach Standarddiagnostik HBOT-Option besprechen
- Therapiebeginn idealerweise innerhalb der ersten 2 Wochen
Warum HBOT bei Hörsturz wirken kann
Das Innenohr hat einen extrem hohen Sauerstoffbedarf. Die Haarzellen der Cochlea sind auf eine kontinuierliche Sauerstoffversorgung angewiesen. HBOT kann:
- Die Sauerstoffversorgung des geschädigten Innenohrs verbessern
- Schwellungen im Bereich der Cochlea reduzieren
- Die Regeneration von Haarzellen unterstützen
- Die Mikrozirkulation im Innenohr verbessern
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