Lithiumaspartat bei Long-COVID-Fatigue und kognitiver Dysfunktion: Eine randomisierte klinische Studie
Originaltitel: Lithium Aspartate for Long COVID Fatigue and Cognitive Dysfunction: A Randomized Clinical Trial
Guttuso TJ Jr, Zhu J, Wilding GE
JAMA Network Open
10.1001/jamanetworkopen.2024.36874
Zusammenfassung
Erste RCT zu Lithium bei Long COVID (n=52). Niedrigdosiertes Lithiumaspartat (10-15 mg/Tag) war nicht wirksam. In offener Dosisfindungsphase (nur n=3) zeigten höhere Dosen numerische Verbesserungen - weitere Studien erforderlich.
Übersicht
Diese Studie der University at Buffalo ist die erste randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte klinische Studie zur Untersuchung von Lithium bei Long-COVID-Symptomen, veröffentlicht im renommierten JAMA Network Open.
Hintergrund
Das Problem Long COVID
- Geschätzte 17 Millionen Betroffene in den USA
- Weltweit etwa 65 Millionen Menschen
- Keine evidenzbasierten Therapien verfügbar
- Fatigue und Brain Fog gehören zu den häufigsten und belastendsten Symptomen
Warum Lithium?
Lithium besitzt mehrere potenziell relevante Eigenschaften:
- Neuroprotektiv: Schützt Nervenzellen
- Antiinflammatorisch: Moduliert Entzündungsreaktionen
- Antiviral: Aktivität gegen verschiedene Viren nachgewiesen
- Mitochondrienschutz: Unterstützt zelluläre Energieproduktion
Studiendesign
Randomisierte kontrollierte Studie
- Design: Doppelblind, placebokontrolliert
- Teilnehmer: 52 Patienten (30 männlich, Durchschnittsalter 58,5 Jahre)
- Randomisierung: 26 Lithiumaspartat, 26 Placebo
- Rekrutierung: November 2022 bis Juni 2023
- Dauer: 3 Wochen Behandlung + Follow-up
Dosierung
- Hauptstudie: 10-15 mg Lithiumaspartat pro Tag
- Ergänzende Dosisfindung: Bis zu 40-45 mg pro Tag
Endpunkte
- Fatigue (standardisierte Skalen)
- Kognitive Dysfunktion (“Brain Fog”)
- Sicherheit und Verträglichkeit
Ergebnisse
Hauptstudie: Niedrige Dosis nicht wirksam
| Parameter | Lithium | Placebo | Unterschied |
|---|---|---|---|
| Fatigue | Keine Verbesserung | - | Nicht signifikant |
| Brain Fog | Keine Verbesserung | - | Nicht signifikant |
| Nebenwirkungen | Keine | - | Gut verträglich |
Offene Dosisfindungsphase: Vorläufige Hinweise
Wichtig: Diese Phase war offen (nicht verblindet) und umfasste nur 3 Teilnehmer - keine statistisch belastbaren Aussagen möglich.
Die drei Teilnehmer mit höherer Dosierung (40-45 mg/Tag) zeigten numerisch größere Reduktionen der Symptome als die Placebo-Gruppe der Hauptstudie.
Sicherheit
- Keine Nebenwirkungen auf Lithium zurückzuführen
- Keine Studienabbrüche wegen Unverträglichkeit
- Ausgezeichnetes Sicherheitsprofil auch bei höheren Dosen
Interpretation
Dosis-Wirkungs-Beziehung
Die Ergebnisse deuten auf eine Dosis-Wirkungs-Beziehung hin:
- Sehr niedrige Dosen (10-15 mg): Unwirksam
- Höhere Dosen (40-45 mg): Möglicherweise wirksam
- Blutspiegel von 0,18-0,49 mmol/L scheinen erforderlich
Vergleich zu psychiatrischen Dosen
- Psychiatrische Dosen: 0,6-1,2 mmol/L (potenziell toxisch)
- Wirksame Long-COVID-Dosen: 0,18-0,49 mmol/L
- Deutlich niedriger und sicherer als bei bipolarer Störung
Limitationen
- Sehr kleine Dosisfindungskohorte (nur 3 Patienten)
- Kurze Behandlungsdauer (3 Wochen)
- Ergebnisse sind vorläufig
- Größere Studien erforderlich
Ausblick
Zukünftige Forschung
Der Erstautor hofft auf NIH-Förderung für:
- Größere randomisierte Studie mit höheren Dosen
- Längere Behandlungsdauer
- Optimale Dosisfindung
Das NIH hat zusätzliche 500 Millionen Dollar für Long-COVID-Therapieforschung bereitgestellt.
Klinische Implikationen
Bis zum Vorliegen weiterer Daten:
- Keine Selbstmedikation empfohlen
- Lithium nur unter ärztlicher Aufsicht
- Regelmäßige Blutspiegelkontrollen erforderlich
Relevanz für die Praxis
Diese Studie zeigt:
- Lithium ist bei Long COVID sicher und gut verträglich
- Die richtige Dosis ist entscheidend
- Weitere Forschung ist dringend erforderlich
- Lithium könnte eine der ersten wirksamen Long-COVID-Therapien werden
Schlussfolgerung
Obwohl die Hauptstudie negativ ausfiel, liefert die Dosisfindung wichtige Hinweise, dass höher dosiertes Lithium bei Long-COVID-Fatigue und Brain Fog wirksam sein könnte - eine vielversprechende Perspektive für Millionen Betroffene ohne Behandlungsoptionen.
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