Zentrale Rolle der Fibrin-Amyloid-Mikroclots bei Long COVID: Entstehung und therapeutische Implikationen
Originaltitel: A central role for amyloid fibrin microclots in long COVID/PASC: origins and therapeutic implications
Kell DB, Laubscher GJ, Pretorius E
Biochemical Journal
10.1042/BCJ20220016
Zusammenfassung
Umfassendes Review in Biochemical Journal: Fibrin-Amyloid-Mikroclots spielen eine zentrale Rolle bei Long COVID. Diese anomalen, fibrinolyse-resistenten Gerinnsel verstopfen Kapillaren und behindern den Sauerstoffaustausch. Das Spike-Protein allein kann ihre Bildung auslösen. Die Autoren diskutieren therapeutische Ansätze einschließlich Antikoagulation.
Übersicht
Dieses umfassende Review von Kell, Laubscher und Pretorius fasst die Evidenz für die zentrale Rolle von Fibrin-Amyloid-Mikroclots in der Pathophysiologie von Long COVID zusammen und diskutiert therapeutische Implikationen.
Die Mikroclot-Hypothese
Entstehung der Theorie
Die Forschungsgruppe beobachtete über mehr als 10 Jahre anomale Blutgerinnsel bei verschiedenen Erkrankungen. Die Entdeckung, dass diese Gerinnsel amyloid-artige Strukturen aufweisen, war der Durchbruch:
- Amyloid-Fibrin ist resistent gegen Fibrinolyse
- Erklärt, warum normale gerinnungshemmende Therapien oft versagen
- Kann mit speziellen Fluoreszenzfarbstoffen nachgewiesen werden
Wie Mikroclots Long COVID verursachen
SARS-CoV-2 Infektion / Spike-Protein
↓
Induktion von Fibrin-Amyloid-Bildung
↓
Fibrinolyse-resistente Mikroclots
↓
Verstopfung von Kapillaren
↓
Reduzierter O₂-Austausch in Geweben
↓
Fatigue, Brain Fog, Belastungsintoleranz
Schlüsselerkenntnisse
Spike-Protein als Auslöser
- Das Spike-Protein allein (ohne vollständiges Virus) kann Mikroclot-Bildung induzieren
- Die Menge der Mikroclots korreliert mit der Virulenz der Variante
- Erklärt auch Post-Vac-Syndrome (Spike durch Impfung)
Klinische Evidenz
| Befund | Odds Ratio |
|---|---|
| Mikroclots bei DIC (disseminierte intravasale Koagulation) | 51 |
| Mortalität auf Intensivstation | 5,4 |
Warum normale Therapie versagt
Konventionelle Antikoagulantien (Heparin, Warfarin, DOAKs) wirken auf die Bildung von Gerinnseln, können aber bereits gebildete Amyloid-Fibrin-Clots nicht auflösen.
Symptomerklärung durch Mikroclots
Fatigue
- Kapillarverstopfung → reduzierter O₂-Transport
- Gewebe erhalten weniger Sauerstoff für ATP-Produktion
- Chronischer Energiemangel
Brain Fog
- Zerebrale Mikrozirkulation beeinträchtigt
- Neuronen besonders empfindlich auf Hypoxie
- Kognitive Funktion leidet
Belastungsintoleranz
- Bei körperlicher Aktivität steigt O₂-Bedarf
- Verstopfte Kapillaren können Bedarf nicht decken
- Post-Exertional Malaise (PEM)
Atemnot
- Pulmonale Mikrothrombosen
- Gasaustausch in Alveolen gestört
- Auch bei normaler Lungenfunktion im CT
Therapeutische Ansätze
Triple-Antikoagulation
Die Autoren berichten über vorläufige Erfolge mit:
- Antikoagulans (z.B. Apixaban, Rivaroxaban)
- Thrombozytenhemmer (z.B. Aspirin, Clopidogrel)
- Fibrinolytikum oder fibrinolyse-fördernde Substanz
Wichtig: Nur unter strenger ärztlicher Überwachung!
Weitere Ansätze
- Plasmapherese zur Entfernung der Mikroclots
- Enzyme zur Fibrin-Auflösung (Nattokinase, Lumbrokinase - experimentell)
- Antiinflammatorische Therapie zur Reduktion der Neubildung
Diagnostik
Nachweis von Mikroclots
- Fluoreszenzmikroskopie mit Thioflavin T
- Amytracker-Farbstoffe (spezifisch für Amyloid)
- Durchflusszytometrie für quantitative Messung
Potenzielle Biomarker
- Mikroclot-Anzahl im plättchenarmen Plasma
- Korrelation mit Symptomschwere
- Monitoring des Therapieerfolgs
Limitationen und offene Fragen
- Kontrollierte klinische Studien fehlen noch
- Optimale Therapiedauer unklar
- Blutungsrisiko bei Antikoagulation
- Nicht alle Long-COVID-Patienten haben erhöhte Mikroclots
Relevanz für HBOT
Hyperbare Sauerstofftherapie könnte komplementär wirken:
- Erhöht plasmagelösten Sauerstoff (umgeht verstopfte Kapillaren)
- Verbessert Oxygenierung trotz Mikrozirkulationsstörung
- Kann mit Antikoagulation kombiniert werden
Schlussfolgerung
Diese Arbeit etabliert Fibrin-Amyloid-Mikroclots als zentralen pathophysiologischen Mechanismus bei Long COVID und eröffnet neue diagnostische und therapeutische Perspektiven.
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