Prävalenz von Mikronährstoffmängeln bei hospitalisierten COVID-19-Patienten
Originaltitel: Prevalence of Micronutrient Deficiencies in Patients Hospitalized with COVID-19: An Observational Cohort Study
Voelkle M, Gregoriano C, Neyer P, Koch D, Kutz A, Bernasconi L, Conen A, Mueller B, Schuetz P
Nutrients
10.3390/nu14091862
Zusammenfassung
Schweizer Kohortenstudie: 79% der hospitalisierten COVID-19-Patienten hatten mindestens einen Mikronährstoffmangel. Am häufigsten: Selen (51%), Vitamin D (40%), Vitamin A (39%) und Zink (39%). Mehrfachmängel waren mit schwereren Verläufen assoziiert.
Übersicht
Diese prospektive Beobachtungsstudie aus dem Kantonsspital Aarau (Schweiz) untersuchte systematisch die Prävalenz von Mikronährstoffmängeln bei hospitalisierten COVID-19-Patienten.
Studiendesign
- Patienten: 57 konsekutiv aufgenommene Erwachsene mit bestätigtem COVID-19
- Setting: Kantonsspital Aarau, Schweiz
- Messung: Serum-/Plasmaspiegel bei Aufnahme
Untersuchte Mikronährstoffe
- Vitamin A
- Vitamin B12
- Vitamin D
- Vitamin E
- Folsäure
- Zink
- Selen
- Kupfer
Ergebnisse
Hohe Prävalenz von Mängeln
| Mikronährstoff | Mangel-Prävalenz |
|---|---|
| Selen | 51% |
| Vitamin D | 40% |
| Vitamin A | 39% |
| Zink | 39% |
| Vitamin B12 | 7% |
| Folsäure | 5% |
| Kupfer | 2% |
Mehrfachmängel häufig
- 79% hatten mindestens einen Mikronährstoffmangel
- 33% hatten drei oder mehr Mängel gleichzeitig
- Bei Einzelmangel war Selen am häufigsten betroffen (50%)
Assoziation mit Krankheitsschwere
Bestimmte Mängel waren mit schwereren COVID-19-Verläufen assoziiert:
- Niedrigere Vitamin-A-Spiegel
- Niedrigere Zink-Spiegel
- Niedrigere Folsäure-Spiegel
Bedeutung der einzelnen Mikronährstoffe
Selen (51% Mangel)
- Essentiell für Immunfunktion und antioxidative Abwehr
- Selenoproteine schützen vor oxidativem Stress
- Mangel korreliert mit schlechterem Outcome bei COVID-19
Vitamin D (40% Mangel)
- Moduliert angeborene und adaptive Immunantwort
- Antiinflammatorische Eigenschaften
- Bekannter Risikofaktor für schwere Verläufe
Vitamin A (39% Mangel)
- Wichtig für Schleimhautintegrität
- Unterstützt T-Zell-Funktion
- Stärkste Assoziation mit niedrigerem Risiko für schwere Verläufe
Zink (39% Mangel)
- Kritisch für Immunzellfunktion
- Hemmt virale Replikation
- Mangel beeinträchtigt antivirale Abwehr
Klinische Implikationen
Screening empfohlen
Bei COVID-19-Patienten, insbesondere mit schweren Verläufen oder Risikofaktoren, sollte ein Mikronährstoff-Screening erwogen werden.
Supplementierung mit Vorsicht
- Gezielte Supplementierung bei nachgewiesenem Mangel
- Keine pauschale Hochdosis-Supplementierung
- Zink und Selen können in Überdosis toxisch sein
Risikopopulationen
Besonders gefährdet für Mehrfachmängel:
- Ältere Patienten
- Vorbestehende chronische Erkrankungen
- Mangelernährung
Limitationen
- Relativ kleine Kohorte (n=57)
- Nur hospitalisierte Patienten
- Keine Verlaufsmessungen
- Keine Interventionsstudie
Schlussfolgerung
Die hohe Prävalenz von Mikronährstoffmängeln bei COVID-19-Patienten unterstreicht die Bedeutung eines adäquaten Nährstoffstatus für die Immunabwehr. Die Korrektur von Mängeln könnte Teil eines umfassenden Behandlungskonzepts sein.
Relevanz für Long COVID
Menschen mit mehrfachen Nährstoffmängeln haben ein erhöhtes Risiko für:
- Schwerere akute Verläufe
- Langzeit-Folgen (Long COVID)
- Verzögerte Erholung
Die Optimierung des Mikronährstoffstatus könnte daher auch für die Long-COVID-Prävention und -Behandlung relevant sein.
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