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Neoangiogenese: Wie neue Blutgefäße entstehen

Was ist Neoangiogenese und welche Rolle spielt die Bildung neuer Blutgefäße bei der Wundheilung und Regeneration?

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Neoangiogenese – ein Begriff, der in der Medizin immer wieder auftaucht. Doch was verbirgt sich dahinter? Und warum ist die Bildung neuer Blutgefäße so wichtig für unseren Körper?

Was bedeutet Neoangiogenese?

Der Begriff setzt sich aus drei Teilen zusammen:

  • Neo = neu
  • Angio = Gefäß
  • Genese = Entstehung

Neoangiogenese beschreibt also die Neubildung von Blutgefäßen aus bereits bestehenden Gefäßen. Dieser Prozess findet im Körper sowohl unter normalen als auch unter krankhaften Bedingungen statt.

Warum bildet der Körper neue Gefäße?

Blutgefäße versorgen das Gewebe mit Sauerstoff und Nährstoffen. Wenn Gewebe unterversorgt ist, sendet es Signale aus, die die Bildung neuer Gefäße anregen.

Auslöser für Neoangiogenese

  • Sauerstoffmangel (Hypoxie): Gewebe mit zu wenig Sauerstoff produziert Wachstumsfaktoren
  • Wundheilung: Verletztes Gewebe benötigt neue Versorgungswege
  • Wachstum: Sich entwickelndes Gewebe braucht mehr Durchblutung
  • Training: Muskeln bilden bei regelmäßiger Belastung mehr Kapillaren

Der biologische Prozess

Die Bildung neuer Blutgefäße ist ein komplexer, mehrstufiger Vorgang:

1. Signal

Das unterversorgte Gewebe setzt Botenstoffe frei, vor allem den Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF).

2. Aktivierung

Die Endothelzellen der bestehenden Gefäße werden aktiviert und beginnen sich zu teilen.

3. Sprossung

Die Zellen wandern in Richtung des Signals und bilden neue Gefäßsprossen.

4. Röhrenbildung

Die Sprossen formen sich zu Röhren, durch die Blut fließen kann.

5. Stabilisierung

Stützzellen lagern sich an und stabilisieren das neue Gefäß.

Neoangiogenese bei der Wundheilung

Bei einer Verletzung ist die Blutversorgung unterbrochen. Um das geschädigte Gewebe zu reparieren, muss der Körper neue Gefäße bilden:

  • Tag 1-3: Entzündungsphase, erste Signale werden ausgesendet
  • Tag 3-7: Neue Gefäße beginnen zu sprossen
  • Tag 7-14: Gefäßnetz verdichtet sich
  • Ab Tag 14: Reifung und Stabilisierung

Ohne ausreichende Durchblutung kann eine Wunde nicht heilen. Deshalb spielen Durchblutungsstörungen eine wichtige Rolle bei chronischen Wunden.

Bedeutung bei verschiedenen Erkrankungen

Diabetische Wundheilung

Bei Diabetes ist die Neoangiogenese oft gestört. Die hohen Blutzuckerwerte beeinträchtigen die Gefäßneubildung, was zu Wundheilungsstörungen führen kann.

Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK)

Bei verengten Arterien versucht der Körper, durch Kollateralen (Umgehungsgefäße) die Durchblutung aufrechtzuerhalten – ein natürlicher Angiogenese-Prozess.

Herzinfarkt

Nach einem Herzinfarkt kann die Bildung neuer Gefäße zur Versorgung des geschädigten Herzmuskelgewebes beitragen.

Was beeinflusst die Gefäßneubildung?

Fördernde Faktoren

  • Körperliche Aktivität
  • Ausreichend Sauerstoff im Gewebe
  • Bestimmte Wachstumsfaktoren
  • Gute Ernährung

Hemmende Faktoren

  • Rauchen
  • Diabetes mellitus
  • Hohes Alter
  • Bestimmte Medikamente
  • Chronische Entzündungen

Forschung zur Neoangiogenese

Die Wissenschaft beschäftigt sich intensiv mit der Frage, wie sich die Gefäßneubildung beeinflussen lässt:

  • Therapeutische Angiogenese: Wie kann man die Gefäßbildung bei Durchblutungsstörungen fördern?
  • Wundheilung: Welche Faktoren beschleunigen die Gefäßneubildung in Wunden?
  • Gewebeersatz: Wie können transplantierte Gewebe besser durchblutet werden?

Verschiedene Therapieansätze werden untersucht, um die natürliche Gefäßneubildung zu unterstützen.

Neoangiogenese und Sauerstoff

Sauerstoff spielt eine zentrale Rolle bei der Gefäßneubildung. Das klingt zunächst paradox: Sauerstoffmangel ist der Auslöser, aber Sauerstoff wird auch für den Heilungsprozess benötigt.

Die Forschung untersucht, wie Sauerstoffgaben die Neoangiogenese beeinflussen können. In unserer Studiendatenbank finden Sie Forschungsergebnisse zu diesem Thema.

Der Unterschied: Angiogenese vs. Vaskulogenese

Oft werden diese Begriffe verwechselt:

  • Angiogenese/Neoangiogenese: Neue Gefäße entstehen aus bestehenden Gefäßen
  • Vaskulogenese: Gefäße entstehen aus Vorläuferzellen (vor allem in der Embryonalentwicklung)

Im erwachsenen Körper ist die Angiogenese der vorherrschende Mechanismus der Gefäßneubildung.

Zusammenfassung

Die Neoangiogenese ist ein faszinierender biologischer Prozess, der für Heilung und Regeneration unverzichtbar ist. Das Verständnis dieser Vorgänge eröffnet neue Perspektiven für die Behandlung von Durchblutungsstörungen und Wundheilungsproblemen.

Weiterführende Informationen

Sie möchten mehr über Therapiemöglichkeiten bei Durchblutungsstörungen oder Wundheilungsproblemen erfahren? Wir beraten Sie gerne in einem persönlichen Gespräch.

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